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Vol.06 Issue 09/05, 25.09.2006 |
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Text : igedo. Photos : Copyright © 2006, fashionfreak. All rights reserved.
Women Trends Herbst/Winter 2006
Präsentiert auf der CPD DÜSSELDORF
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Kapalua
Jose Benedi
Annette Goertz
Zuccero
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Mode im "New Look". Auf der CPD DÜSSELDORF offenbarte sich ein stilistischer Richtungswechsel, ausgelöst vom neuen Bewusstsein für die Haute-Couture bzw. für das Handwerk und das eigene Sein im Allgemeinen. Eine neue "Nüchternheit" macht sich breit mit klerikalen und traditionellen Ausschlägen. Noch gibt es kein Entweder-Oder, als vielmehr eine Verschiebung der Gewichte in dem "großen Gerüst" historischer Reminiszenzen. So bleibt viel Platz für individuelle Styles: abenteuerlich wie zur Zarenzeit, extravagant wie in Shanghai um 1920 oder behaglich wie bei Miss-Marpel. Mit dem Haute-Couture-Revival aber rückt das Grundsätzliche immer mehr in den Vordergrund: edle Materialien und neue Schnittdetails. Die CPD DÜSSELDORF definierte für die Womenswear fünf Themen: St. Petersburg 1900 - Paris 1910 - Shanghai 1920 - London 1950 - New York 1960
St. Petersburg 1900 Ein Look, der ebenso stürmisch, weil widersprüchlich ist wie die Zeit, die ihn inspiriert: die Zarenzeit unter Nikolaus II. Mal militärisch streng mit blitzenden Doppelknopfreihen im Uniformstil, dann wieder elegant und zerbrechlich wie die abendlichen Gesellschaftsroben mit zarten Stoffen, feinen Spitzen, schmalen Rüschen und Schleifen. Jacken und Mäntel aus edlem Tuch, kompakter Baumwolle oder gewaschenem Samt erneuern sich über Steh- und breite Reverskrägen, aufgesetzte Taschen, Riegel, Gurtbänder und Blenden. Als Spenzer oder knöchellange Militärmäntel in A-Linie begleiten sie schwingende Röcke oder schmale Hosen, die in hohen Stiefeln getragen werden. Cargos, pelzverbrämte Bomberjacken und Parka-Formen liefern Army-Themen aus der Jetzt-Zeit. Matte Metallknöpfe, Tressen, Abzeichen und Posamenten-Verschlüsse werten auf, ohne zu protzen. Schmeichelnde Blusen mit Stehkrägen und Ausputz erinnern an die Zeit Eduard VII., hochgeschlossene, schwarze Abendroben an Anna Karenina. Dunkle Farben dominieren das uninahe Thema: Weiß und Creme frischen Nachtblau, Schwarz, Anthrazit und Kaki-Töne auf.
Paris 1910 Es war eine unbeschwerte Zeit des Luxus, als die französische Hauptstadt im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ihren neuen Fixstern, den Modeschöpfer und Maler Paul Poiret, feierte. Er befreite die Frauen vom Korsett und machte die geraden Kleider mit hoher Taille zur Projektionsfläche der zeitgenössischen Malerei. Er verband die Kunst mit fernöstlichen Elementen zu theatralischen Kreationen und gilt als Wegbereiter des Art-Déco. Ihm folgte in den Zwanziger Jahren Coco Chanel, die durch Jumper und Jersey, dem kleinen Schwarzen und unechten Modeschmuck die Emanzipation der Frau über Eleganz und Einfachheit perfekt zusammenführte. Haute-Couture-Wurzeln wie diese greift die junge Mode-Avantgarde von heute wieder auf. Unbeschwert übersetzt, entsteht daraus eine neue Formensprache, die keiner grellen Farben bedarf. Auch die X-Linie eines Christian Dior, die seinen New Look begründete, die Kragen- und Cape-Dramatik eines Cristobal Balenciaga oder die Weitenspiele eines Christian Lacroix mit Tulpen-, Ballon- und Lampionröcken geben vor allem der Businesswear ihren schnitttechnischen Variantenreichtum zurück.
Shanghai 1920 Die Metropole galt in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts als "Paris des fernen Ostens". Hier vereinigte sich zwischen mondänen Art-Déco-Hotels und chinesischen Opiumhöhlen ein buntes Völkergemisch, das den westlichen Lebensstil mit östlicher Folklore verband. Heute liefern die Trachten der Balkan-Völker und ihrer asiatischen Nachbarn hochfarbige Blumen und zarten Arabesken als Vorlage für Drucke und Stickereien. Garnituren wie Pompon- und Zick-Zack-Bänder oder Woll-Tressen finden sich an den Säumen gerüschter und gebauschter Röcke wieder und/ oder an Krägen und Säumen einhüllender Kimono-Mänteln. Von den Steppenvölker der Mongolei kommen patinierte Metallknöpfe oder Schnallen, Lammvelours, fettes Leder und Pelz-Klassiker wie Astrakan, Luchs und Fuchs, die zu luxuriös bzw. rustikal ausgestatteten Outdoor-Jacken inspirieren. Asiatische Seiden sind die Vorläufer schimmernder High-Tech-Qualitäten, die für wattierte Jacken eingesetzt und über Stickereien oder Prägungen zusätzlich aufgewertet werden. Es wird liebevoll und pointiert dekoriert mit lebendigen Farben u.a. auf schwarzem Fond. Generell konzentrieren sich die Farben auf Leder- und Brauntöne, reiche Rot- und Beerentöne, Safran und Moosgrün.
London 1950 Das Thema steht für Fashion-Tradition im besten britischen Sinne, und ein bisschen Sherlock Holmes und Miss Marpel für Jedermann. Den zeitlosen Klassikern wird gehuldigt und speziell der Wolle. Verstrichene Karos, Tweeds, Glenchecks, Fischgrats und Jacquards mit Tapisseriemotiven ziehen sich bis in die Outdoor und den Casualbereich. Dazu kommen Cord und Samt, beschichtete Outdoor-Cottons, gewalkte Qualitäten und flache Felle. Gemütliche Casuals treffen auf einen gediegenen City-Look mit kleinen Kostümen aus hüftkurzen Jacken, schwingenden Röcken und Blümchenblusen. Dazu passen schmale V-Ausschnitt-Pullover, Pullunder und Bolero-Westen, die mit Ajour-Muster, grafischen Minimustern, Argyle-Karos oder Fair-of-Isle-Bordüren spielen. Capes, Cape-Mäntel und Dufflecoats ziehen Kreise, Jagdmotive dekorieren und persiflieren. Seidige Samtröcke oder -jacken, Schals und Hängerkleidchen zitieren die Biba-Bohème, während freche Knickerbocker oder lässige Bundfaltenhosen zusammen mit Hemdblusen, Gilets, Hosenträgern und Schiebermützen Erinnerungen an das vorindustrielle Zeitalter heraufbeschwören. Warme Herbstfarben, Beerentöne, Taupe und kaltes Grün dominieren.
New York 1960 Die amerikanische Metropole ist in den frühen Sechzigern jung und szenig, und das, was sie ausspuckt, ist frech, revolutionär und anders. Die Kunstszene um den Grafiker und Filmemacher Andy Warhol blüht, und die vorherrschende feminine Haute-Couture-Eleganz wird durch die Straßen- und Clubkultur aus dem Untergrund revolutioniert. Nüchterne, geometrische Formen bestimmen die Kleiderlinie, Schwarz-Weiß-Kontraste das Farbenspiel. So formiert sich ein farblich reduzierter Look, als wäre er durch Andy Warhols Kamera gefilmt worden. Er ist provozierend formbetont, so wie damals, als die Kunstszene noch im Untergrund nach einer neuen Ausdruckweise suchte. Kastige, übergroße Strickteile, Ringel in Schwarz-Weiß, Mäntel in gerader H-Linie, kasackartige Kleider und der Minirock erteilen den kurvigen Linien eine klare Absage. Die neuen Lolitas tragen Schnallenschuhe in Karree-Form und überdimensionale Knöpfe. Sie schneiden sich die Haare kurz und stehen bereit Twiggys Erbe anzutreten.
Weitere Trendberichte :
To the Fashion Fair Calendar 2006
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